Monatsbrief November
An alle Freunde, Verwandte, Bekannte und Interessierte!
Nun sind drei Monate und somit schon ein Vierteljahr um und
ich kann es gar nicht fassen, wie schnell die Zeit vergeht. Ich fühle mich hier
wie zu Hause und kann es mir gar nicht vorstellen, all das wieder verlassen zu
müssen…aber bis dahin bleibt noch etwas Zeit.
Ja, diesen Monat gibt es wieder einiges zu berichten. Nun
hat wirklich die Trockenzeit angefangen (als es zweimal geregnet hatte, hieß
es, dass jemand Regen herbei gerufen hätte). Alles ist nun trocken, staubig,
sandig. Überall werden Feuer gelegt, um das trockene Gras zu verbrennen (bevor
alles unkontrolliert brennt, wird lieber kontrolliert abgebrannt und auch
„ausgeräuchert“). Das kann einem trotzdem schon auch nicht ganz geheuer sein,
wenn direkt neben dem Weg eine Feuerwand ist (auch direkt hinter dem Haus).
Außerdem fliegen andauernd Aschefetzen durch die Gegend (auch ins Haus) und
alles wird schwarz. Mit der Trockenzeit hat auch der Wüstenwind eingesetzt. Das
heißt, dass es ab und zu fast schon Sandstürme gibt und man dann alles verschließen
muss, damit man nicht den ganzen Sand abbekommt (zum Beispiel auch, wenn man im
Klassenzimmer ist). Außerdem brennt der Staub/Sand öfters in den Augen.
Tagsüber ist der Wind jedenfalls sehr warm (und es ist generell sehr warm),
nachts kühlt es dann etwas ab.
Jedenfalls macht mir die Hitze hier gar nicht so zu schaffen
und mittags ruhen sich die meisten sowieso ein bisschen aus. Wenn man dann in
einem „Liegestuhl“ aus Holz döst, sieht man auch ganz gut auf die Straße. Da
kommt es dann schon einmal vor, dass ein Tanklaster mit Ananas auf dem Dach
(unbefestigt) vorbei fährt. Generell sieht man hier fast ausschließlich Autos,
die sehr beladen sind (Autos gibt es hier aber nicht so viele) bzw. Motos, die
alles Mögliche transportieren (auch 4 Schulkinder + Motofahrer). Ansonsten wird
hier alles auf dem Kopf getragen. Zurzeit wird viel Holz geschlagen und das
wird dann eben auf dem Kopf um Verkauf oder heimwärts getragen (manchmal sind das
halbe Bäume). Doch nicht nur große Dinge, nein, auch die kleinsten wie z.B. ein
Geldbeutel, werden auf dem Kopf transportiert. Jule und ich müssen da noch
etwas üben, wenn wir unsere „gâteaux“ tragen.
Da Jule diesen Monat Geburtstag hatte, haben wir „gâteaux“
gebacken (frittierte Hafeteigbällchen). Diese hat Jule dann an ihre
Ateliermädchen verteilt und um es auf die afrikanische Weise zu machen, den
Plastikeimer (mit den Bällchen) auf dem Kopf getragen. So hat sie ungewollt
Kundschaft bekommen, da sie von überall her gewunken und gefragt wurde, ob sie
das verkaufen würde (für 25 F das Stück). Nachmittags kamen jedenfalls noch
Saskia und Daniela (zwei andere Freiwillige, die im Waisenhaus sind) mit einem
Schokokuchen (das Rezept war von mir), den sie bei Ursula gebacken haben (die
hat sogar einen Backofen). So wurde es eine „richtige“ Geburtstagsfeier mit
„Kindergeburtstagsspielen“, wie Topfschlagen (haben wir abends gemacht).
Diesen Monat war auch das „étrangère“- Haus belegt. Debora
(17 Jahre, Nichte von Maman/Pastor) sollte an ihrer Hüfte operiert werden und
musste den ganzen Monat darauf warten (da man nie genau wusste, wann die OP
stattfinden wird). Da das Krankenhaus hier einen sehr guten Ruf hat
(landesweit), kamen Debora und ihr Vater (auch Pastor und Bruder von Maman)
extra vom Süden angereist (das Krankenhaus wird übrigens von italienischen
Ärzten geleitet). Das lange Warten hatte auch für uns „Auswirkungen“, da es vor
allem dem Pastor recht langweilig wurde und dann Beschäftigung gesucht hat, was
echt anstrengend wurde („Du musst mein Englisch verbessern!“). Gegen Ende des
Monats war es dann endlich so weit und die OP ging dann auch gut vorüber.
Ansonsten bin ich weiterhin in der Schule eingespannt (mal
mehr, mal weniger). Bis jett ist alles immer noch SEHR kurzfristig („Achja, ich
soll heute mit dem Direktor arbeiten, du übernimmst dann meine Klasse“, Lehrer
morgens zu mir, d.h. schnell etwas für vier Stunden Unterricht ausdenken! Hab
dann Französisch und Mathe gemacht). Solche Einsätze kommen in letzter Zeit
häufiger vor (wenn meistens auch „nur“ für zwei Stunden). Deshalb habe ich auch
schon Sport alleine und öfters Mathe unterrichtet (hat dann auch ganz gut
funktioniert). In den jüngeren Klassen gebe ich weiterhin „Zeichnen“, wobei ich
auch hier schon das „Lesen üben“ übernommen habe.
Das Lesen und Schreiben lernen
läuft hier, meiner Meinung nach, etwas unglücklich ab. Oft gibt es zwei, drei
Schüler, die schon ganz gut lesen können. Diese werden dann oft an die Tafel
gestellt (wo der Text steht) und jeder Schüler muss dann einmal vorkommen und
gemeinsam mit dem anderen Schüler (der schon lesen kann) lesen. Dabei liest
eigentlich nur der eine (der schon kann), der andere wiederholt einfach nur
(oft wird dabei nicht einmal der Text auf der Tafel angeschaut). Auch beim
Schreiben werden die Wörter an der Tafel oft einfach nur abgemalt, ohne die
Wörter zu verstehen. Selber schreiben ist deswegen meistens sehr schwierig. So
kommt es dann, dass auch Schüler in den letzten Grundschuljahren weder wirklich
lesen, noch schreiben können, sofern nicht zuhause geübt wird. Auch unser
Nachbarkind (die Tochter vom Direktor) hat damit große Schwierigkeiten, weshalb
wir abends zurzeit öfters schreiben, lesen, rechnen üben (der Direktor kommt
meistens so spät, dass der keine Zeit dazu hat oder dann eher mit seinem Sohn
übt, der jetzt in die Schule gekommen ist). Manche Leute sind auch der Meinung,
dass das erst verbessert werden kann, wenn es Unterricht in Lesen/Schreiben
auch in den Lokalsprachen gibt, da Französisch oft erst die Zweitsprache
(„Fremdsprache“) ist. Wobei es hier echt darauf ankommt, ob mit den Kindern
zuhause gleichzeitig französisch und die Lokalsprache oder eben nur die eigene
Sprache gesprochen wird. Aber nun zurück zu meiner Arbeit in der Schule.
Der Deutschunterricht am Collège
wird langsam auch besser. Nachdem es einen Chaosunterricht gegeben hatte, als
der Unterricht auf nachmittags von 16-18 Uhr verschoben wurde (weil von 10-12
Uhr jetzt Deutschlehrerversammlung am „großen“ Collège ist, wo ich auch
teilnehme), hab ich nun eine etwas bessere Uhrzeit bekommen (15-17 Uhr) und
musste auch schon eine „devoir“ (Klassenarbeit) schreiben lassen. Seitdem läuft
es besser.
Diesen Monat kam auch schon eine
Kommission an die Schule und hat sich alles genau angeschaut. Das Ergebnis
dieser Untersuchung lautete, dass die Klassen zu groß sind, es zu wenig Lehrer
bzw. Klassenzimmer gibt und das verbessert werden muss. Das will der Pastor
zurzeit auch ändern, in dem er zwei neue Zimmer bauen lässt und zumindest die
zwei größten Klassen teilen will. Allerdings kostet das alles sehr viel Geld!
Mit dem Geld ist das auch etwas
komplizierter, da wir nicht einfach hier unser Geld abheben können, sondern
jedes Mal nach Natitingou müssen (in Tanguiéta gibt es keinen Geldautomaten).
So fahren wir immer einmal im Monat dort hin, heben unser Geld ab, das wir für
die kommende Zeit brauchen werden und treffen uns dann noch mit den anderen
zwei Freiwilligen, die hier Deutschunterricht geben. Das ist dann auch eine
ganz schöne Abwechslung (man kommt dann etwas „raus“ aus Tanguiéta). Allerdings
muss man immer schauen, dass man ein Autotaxi erwischt, das dann auch voll
wird, da man sonst die anderen Plätze mitbezahlen muss. Das heißt also
rechtzeitig zum „Taxistand“ kommen und dann warten, auf andere Fahrgäste.
Eine andere Alltagsabwechslung
haben wir noch im Chor gefunden. Jeden Donnerstag- und Samstagabend ist
Singstunde, die dann schon 2 bis 2,5 Stunden gehen kann. Dabei lernt man den
Text auswendig (Maman, die Dirigentin, singt den Text und Melodie vor, alle
singen nach, Noten gibt es nicht, Text können nicht alle lesen) und man ist
eigentlich fast nur am Singen. Das Singen ist hier auch etwas anders, da jeder
einfach LAUT singt und es so einfach richtig Spaß macht. Dazu kommen dann, je
nach Lied, auch Tanzbewegungen, wobei es dann für uns schon komplizierter wird
(man muss auf Takt, Füße, Melodie und Text achten und alles ist neu. Sogar zwei
Weihnachtslieder lernen wir zurzeit (der Text ist bei den meisten Liedern auf
Französisch).
Eine etwas unangenehme Entdeckung
habe ich diesen Monat auch schon gemacht. Während ich draußen in der schönen,
warmen Dunkelheit mit meiner Taschenlampe Zähne geputzt habe, flog im Schein
meiner Lampe ein Tier seine Runden (dachte erst an eine Libelle). Bis es
plötzlich an mein Bein flog, sich festkrallte und ich sah, dass es eine etwa
12cm große Gottesanbeterin war. Seitdem graust es mir jedes Mal beim Anblick
dieser Tiere, zumindest wenn sie durch die Gegend fliegen (sind zwar nicht
gefährlich und machen nichts, aber wenn man so ein Ding am Fuß hängen hat…). Tja
und seit der Trockenzeit und den Feuern gibt es massig Skorpione. Weitere zwei
waren nun schon bei uns im Zimmer (wurden einmal vom Direktor, einmal von der
Frau des Direktors erschlagen). Auch eine Schlange wurde von der Frau des
Direktors schon vor unserem Haus gesehen (da waren wir gerade nicht da). Die
Anzahl der Hühner des Direktors hat sich mittlerweile auch geändert. Eines
Tages ist der Hahn einfach verschwunden, wurde anscheinend gestohlen. Ein Huhn
wurde gegessen und eines hat seine Eier ausgebrütet (ein paar Küken sind
geschlüpft). Damit Küken und Huhn nicht auch gestohlen werden, wurden sie zu
Bekannten gebracht. Dem Hund haben wir beigebracht auf den Namen „Balu“ zu
hören und mittlerweile rufen ihn auch alle so.
Uns geht es hier weiterhin sehr
gut und abgesehen von etwas Halsweh (und Jule hatte einen Tag keine Stimme)
waren wir diesen Monat auch nicht krank. Dafür haben wir jetzt ein Bett, das
abends ohne Vorwarnung von zwei Handwerkern gebracht und aufgestellt wurde (im
Dunkeln mit Taschenlampen und wir waren gerade am Essen). Da aber das Bett für
beide Matratzen etwas zu klein ist, müsste einer am auf der Kante bzw. am
„Berg“ schlafen. Deswegen habe ich mich entschlossen wieder auf der Natte und
auf dem Boden zu schlafen, bis wir vielleicht einmal eine passende Matratze
bekommen…
Mein genauerer Projektebericht
steht nun weiterhin offen (ich habe hier einfach zu viel zu tun), versuche ich
aber diesen Monat wirklich zu schreiben.
Wenn ich den nächsten Monatsbrief
schreibe, ist Weihnachten und Neujahr schon vorbei. Deswegen wünsche ich euch
allen eine schöne Advents-/ Weihnachtszeit und ein gutes neues Jahr! Bei mir
wird es dieses Jahr ein sehr warmes Weihnachten!
Viele liebe Grüße aus Tanguiéta,
Laura