Monatsbrief
An alle Verwandte, Freunde, Bekannte, Mitleser und
Interessierte!
Viele Grüße schicke ich euch aus Tanguiéta (Bénin). Nun bin
ich schon seit einem Monat hier und werde jetzt einmal versuchen, mein Erlebtes
in diesem „Brief“ zusammenzufassen.
Was man hier sehr schnell lernt, ist, zu warten, geduldig zu
sein und Zeitangaben/ Fertigungstermine nicht all zu genau zu nehmen (meistens
jedenfalls). Das war schon gleich zu
Beginn spürbar, als wir unser Visum bei sämtlichen Behörden versuchten, zu verlängern
und es letztlich durch gute Verbindungen des Pastors aus Porto Novo, doch recht
schnell geschafft haben.
Aber jetzt will ich nicht einfach mittendrin anfangen,
sondern schön der Reihe nach. Fang ich einmal mit unserer Gastfamilie und dem
Leben hier, in Tanguiéta an.
Ich fühle mich hier wirklich sehr wohl, was auch daran
liegt, dass die Leute, mit denen ich hier zu tun habe und natürlich meine
Mitfreiwillige Jule, echt nett sind.
Wir, also Jule und ich, haben ja eigentlich zwei
Gastfamilien, die Pastorfamilie, bei der wir bis vor kurzem immer gegessen
haben (jetzt essen wir dort nur noch mittags, da wir jetzt selber kochen
können) und unsere „Nachbarfamilie“. Die Pastorfamilie besteht eigentlich aus
dem Pastor, seiner Frau („Maman“) und den vier eigenen Kindern (3 Jungs und 1
Mädchen, zwischen 8 und 15 Jahren). Doch kommen dann noch 6 weitere Kinder dazu
(2 Waisenkinder, 11 und 12 Jahre, sowie 4 aufgenommene, die verheiratet werden
sollten und nun hier Zuflucht gefunden haben und zusätzlich eine Schneiderausbildung
bekommen, so um die 20 Jahre). Den genauen Überblick hat man hier aber nicht,
wer dazu gehört und wer nicht, da ständig andere Kinder da sind und auch die Besucher
immer ein- und ausgehen. Dadurch, dass der Fernseher hier (leider) ständig
läuft, haben die Besucher nie Langeweile. Ansonsten springen hier noch Katze,
Hund, Hühner und Schweine herum, die ersten drei genannten auch in der Wohnung
(ja, hier findet man auch fernsehschauende Hühner). Hier ist also immer viel
los. Seit wir das Kartenspiel Mau-Mau (auch als UNO bekannt) eingeführt haben,
sind alle wild darauf, sodass wir schon an manch einem Tag stundenlang mit
Spielen verbracht haben. Also in Sachen Ausdauer können wir hier noch einiges
lernen. Die Zeit, die man einfach für sich haben will, muss man sich in Afrika
schon fast erkämpfen, da alle sehr gesellig sind und so etwas wie
„Privatsphäre“ nicht kennen…
Unsere „Nachbarfamilie“ besteht aus dem Direktor meiner
Schule, seiner Frau und den 3 Kindern (2 Mädchen, 8 und knapp 2 Jahre, 1 Junge,
4 Jahre). Wir bewohnen alle dasselbe Haus, wobei jeder seine eigene Wohnung
besitzt (allerdings sind die Wände so dünn, dass man auch Schnarchlaute ohne
Anstrengung hört). Hier geht es mindestens so lebendig zu, wie beim Pastor, was
auch daran liegt, dass die Kinder ihre Tür oft mit unserer verwechseln.
Außerdem sind auch hier alle wild auf alle Spiele (besonders die Frau des
Direktors), sodass dabei schon manchmal das Kochen vergessen wird. Sonstige
Unterhaltung bekommt die Familie nicht durch den Fernseher, sondern durch das
Radio, was dann auch gern stundenlang gehört wird.
Auch sonst sind die Leute hier nett und man begrüßt hier
einfach jeden, ob bekannt oder unbekannt. Das einzige, was wirklich nervig sein
kann, sind die ständigen „Batule“-Rufe (Batule = Weiße), vor allem der Kinder. Dabei kann es
richtig ausarten und es findet eine Art Wettrennen statt (wer zuerst die Weißen
berührt oder sich am meisten traut, hat gewonnen oder so)…
Das Leben hier, vor allem in unserem Haus, ist schon um einiges
einfacher, als in Deutschland. Wir haben hier weder Strom, noch fließendes
Wasser, was dann auch manchmal seine Kreativität erfordert. Geduscht wird mit
Eimern und Schüsselchen (in unserer eigenen Dusche, eine Art „gefliester“ Hinterhof)
und das Klo ist Gewöhnungssache (Häuschen mit Loch im Boden), vor allem abends,
wenn alles krabbelt…(ja auch einen Skorpion hatten wir schon zu Besuch,
allerdings vor unserem Schlafzimmer). Bis jetzt haben wir auch noch keine
richtigen Betten und schlafen eben mit Matratzen oder Nattes (Matten) auf dem
Boden (der wird leider sehr schnell feucht und man muss öfters alles
auslüften). Kochen können wir neuerdings mit einem Gasherd (wobei sonst oft in
einem extra Häuschen mit Feuerstelle gekocht wird) und wenn es dunkel wird,
werden sämtliche Taschenlampen und Solarleuchten (die hoffentlich bei
Sonnenschein aufgeladen wurden) herausgezogen. Dort wo es Strom gibt (z.B. beim
Pastor) sollte man trotzdem immer mit Taschenlampe bewaffnet sein, da es immer
wieder zu Stromausfall kommt (was bei den Stromleitungen auch kein Wunder ist,
die hier einfach über „große Äste, die in den Boden gesteckt wurden“, laufen).
Ein Auto besitzen hier nur sehr wenige (und wenn dann
seeeehr alte), fast alle fahren Motorrad/Moped oder auch Fahrrad (wie wir,
besitzen nämlich zwei Räder!). Natürlich tragen alle Helme (NICHT) und halten
sich an die nicht vorhandenen Verkehrsregeln (wer hupt hat Vorfahrt). Bei Regen
ist dann entsprechend weniger los.
Zurzeit ist ja noch Regenzeit (bis Ende Oktober), d.h., dass
es etwa einmal am Tag stark schüttet (oder auch nur leicht regnet), aber meist
kommt danach wieder die Sonne raus. Es gibt manchmal auch ganze Regentage (aber
gegen Ende der Saison eher selten).
In unserem Haus ist es bei starkem Regen dann ganz gut, wenn
man Ohropax dabei hat, da wir ein Wellblechdach haben! Wenn die Sonne da ist
(wie meistens) liegen die Temperaturen (noch) bei mindestens 32°C, ansonsten
bei 25°C.
Trotzdem tragen hier Männer meistens lange Hosen (auch lange
Gewänder) und auch, bei traditionellen Kostümen sowieso, langärmlich. Frauen
tragen hier oft eine Panje (Wickelrock) und oben z.B. T-Shirts oder Tops oder
eben ein dreiteiliges Kostüm (alles muss dann aus dem gleichen Stoff sein). Ja
und eine Panje habe ich mir auch schon genäht (dazu gleich mehr).
Das Essen ist hier gut (höchstens mit ein bisschen wenig
Abwechslung). Beim Pastor haben wir schon öfters mitgekocht, sodass wir jetzt
„Yams pilé“ (zerstampfter Yams) selbst herstellen können. Es gibt hier außerdem
noch verschiedene Pâte-Sorten (aus Mais- oder Yamsmehl, heißt dann Pâte noir).
Dazu gibt es immer Soßen z.B. aus Erdnüssen, mit Käse (meistens aus Soya),
Tomaten, Piment! (kleine scharfe Paprikaschoten) oder auch einmal „légumes“
(Grünzeug), normalerweise ab und zu auch Fleisch (von den frei springenden
Hühnern oder auch einmal ein Schwein, Fleisch besteht dann meistens eher aus
Knochen). Wir haben mittlerweile durchsetzen können, dass wir uns vegetarisch
ernähren. Die Soßen werden allerdings oft mit Fischmehl (zerstampfte, getrocknete
Fische) zubereitet. Yams kann außerdem auch frittiert werden (ist wie Pommes)
und aus Maismehl kann man gut „Bouille“ machen (was zum Frühstück mit Zucker
echt gut schmeckt). Man kann hier auch „normale“ Sachen kaufen (Baguette,
Erdnussbutter,…).
Alles kann man auf dem Markt (der jeden Tag ist, montags ist
dann noch großer Markttag) kaufen. Meistens haben Lebensmittel Festpreise, doch
auch da muss man aufpassen, dass man nicht zu viel zahlt (alles ist hier im Vergleich
sehr günstig, 650 Francs = 1 €)
Zum Trinken gibt es hier typischerweise Byzapsirup (aus
Byzapblüten) und Baobabsaft, daraus kann man auch leckeres Eis herstellen. Allerdings
gibt es hier noch vieles, vieles mehr (Früchte wie Bananen, Orangen, Ananas,
bald auch Mangos, Süßigkeiten aus Erdnussmasse,…)
Nun erst einmal noch etwas zu meinem Projekt. Eigentlich bin
ich ja in der Schule und werde dort deutsch (aber nur für die „sixieme“,
5.Klasse) und englisch geben, aber auch singen, basteln und Sport kann dabei
sein.
Am Donnerstag, der 3.10. war auch „la rentrée“
(Schulanfang), doch da mussten viele Eltern noch Schulgeld bezahlen,
Schuluniformen kaufen und Kinder anmelden (allerdings waren die Klassen oft
schon zu voll). Am Montag, der 7.10.
waren dann die Kinder zum ersten Mal in den Klassen, doch Unterricht war
noch nicht. Bis jetzt besitze ich auch noch keinen Unterrichtsplan und konnte
auch noch nichts machen. Dafür war ich schon zwei Tage mit im Schneideratelier
(dort arbeitet Jule). Dort habe ich ein bisschen nähen gelernt (Nähmaschine mit
Fußpedal, leider funktionieren höchstens zwei) und habe mir schon meine Panje
und eine kleine Unhängetasche (zusammen mit Jule) genäht. Auch stricken und
häkeln hat mir Jule schon ein bisschen beigebracht.
Da ich jetzt noch nicht sehr viel über Projekte berichten
kann, werde ich bald einen Beitrag nur darüber schreiben (auch wie man mit
Spenden helfen kann bzw. wo Spenden eingesetzt werden).
Ich bin also weiterhin sehr gespannt, wie sich mein FSJ noch
so entwickelt.
Auf meinem Blog werdet ihr hoffentlich weiterhin meine
Erfahrungen lesen können und vielleicht schaffe ich es auch noch, Bilder
hochladen zu können.
Viele Grüße aus Tanguiéta,
Eure Laura
P.S:
Seht über alle Rechtschreibfehler, Sprachfehler und
ähnliches hinweg (man muss hier vieles gleichzeitig machen, z.B. Kinder hüten)
und auch ungenaue Berichterstattung kann der Fall sein. Bei Fragen könnt ihr
mir gerne eine Mail oder so schreiben! J